______Leben ist Gestalt in Zeit_______

              (M. Frisch)

Die rund 40 Wochen Auszeit (12. Juli 2019 - 26. April 2020) sollen genau das; der Zeit neue Gestalt geben. Wir möchten versuchen, anders zu denken, aufmerksam zu sein, die vergessene Ruhe wiederzufinden, in uns hineinzuhorchen und den Off-Beat erklingen zu lassen.


News

Zürich

17.04.2020

 

Augen schliessen.

Anschwellendes Brausen. Gischt. Kühler Wasserschaum gleitet über weissen Sand, über meine Füsse. Wind und Sonne, glitzerndes Meer, weicher Boden und die Freiheit als fünftes Element.

Schöner Schmerz melancholischer Gewissheit; es erlebt zu haben. Hundert mal. Es zutiefst bewusst gespürt zu haben und es immer noch spüren können.

 

Augen öffnen.

Abstand. Ausweichmanöver. Sich magnetisch abstossende Menschen. Im Wald, in der Migros, im Garten. Kreuze am Boden; Erlaubnis, zu stehen. Trennscheiben. Leute schwärmen von Entschleunigung und Solidarität. Mich ergreift Panik und Lähmung. Menschen auf der Welt verarmen wegen des Stillstands. Das Leben fühlt sich an, als sei es weder greif- noch spürbar, es entgleitet mir ständig. Nebel, in den man gerät, wenn etwas Grossartiges auf einmal vorbei ist. Es ist vorbei. Ringen nach einer Richtschnur im Grau.

 

Augen schliessen.

Der Staub und Rauch, ein Duft wie man ihn nur im ländlichen Asien antrifft. Einzigartig. Blicke, Worte, Gesten; wir sie, sie uns. Menschen, wir sind alle gleich und können einander nicht verstehen, so verschieden leben wir. Wie denkst du? Was prägt dich? Es ist nie so, wie man denkt. Sie bleiben, wir gehen weiter. Viel gelernt, beide.   

 

Augen öffnen.

Alles noch da und doch anders.

Wie die Starre überwinden, den Graben durchschreiten? Rückkehr in einen unbekannten Alltag. Die Kinder spielen im Garten, wie können sie so schnell vergessen, so schnell adaptieren? Wie träge ich geworden bin. Wie verwaschen mein Geist. Was kann ich? Was will ich? Was muss ich? Wie geht es weiter?

Worauf sich freuen?

 

Erinnern braucht Zeit und Abstand.

Die Auszeit liegt vor uns wie ein riesiges nasses Gemälde. Die Farben sind noch weich. Wie wunderschön das Bild geworden ist! Ein Sturmtief, da und dort. So viel Raum, ausgefüllte und erfüllte Leere. Es ist ein Wir entstanden aus unserem Reiseteam. Wir wissen, wie wir sind, was wir brauchen. Ich habe meine Familie und mich selber noch nie so gut gekannt wie jetzt.

 

Ein berauschendes Erlebnis ist zu Ende gegangen. Oder gehört das hier immer noch dazu? Ist es einfach der kleine Schock, der einem beim Springen in den kalten Fluss erschreckt?

 

Der Nebel ist da.

Geradeaus gehen, rückwärts stolpern, stapfen im Kreis. Wichtig ist nicht die Richtung, sondern dass ich mich bewege. Schritt für Schritt für Schritt. Zurück in die Normalität, die uns allen auf der Welt irgendwie genommen wurde.  

 

PS. Das nächste Update kommt in den nächsten Wochen. Wir freuen uns, wenn du ab Mitte Mai wieder reinschaust!


04.04.2020

WE MADE IT HOME (Danke Qatar Airways)!

Update kommt in einigen Tagen.

 

Subiaco, Perth

Perth, 30. März 2020

 

Liebe Leserin, lieber Leser, schön dass du vorbei schaust!

Wir erhalten die Nachrichten aus der Schweiz. Die Lockdown-Situation, welche viele Menschen belastet und doch so entscheidend dem Chaos und Tod vorbeugt, verändert gerade das Land, wie wir vernehmen.

Geografisch könnten wir kaum weiter weg sein, trotzdem beunruhigen uns die Newsticker von daheim und wir hoffen und bangen mit der Entwicklung mit.

 

Unsere Situation sieht so aus:

West Australien wird ab morgen Dienstag, 31. März 2020 um Mitternacht seine Grenzen innerhalb des Territoriums schliessen (die Grenzen zwischen den einzelnen States sind schon seit fast einer Woche geschlossen), was Menschen nicht mehr erlaubt, ohne spezifische Gründe ausserhalb bestimmter Regionen zu reisen. Wir haben inzwischen unser Wohnmobil abgegeben und sind in eine Airbnb-Wohnung in Perth gezogen, weil der Flughafen innerhalb der Stadtgrenzen liegt, welche für uns ab morgen unpassierbar wären – Perth und Peel bilden zusammen eine abgesperrte Zone.

 

Das Wichtigste vorweg:

Mit unserem letzten Geld haben wir den inzwischen vierten (!) Flug in die Schweiz gebucht – drei wurden bisher gecancelled.

Qatar Airways hat sich in Absprache mit verschiedenen Ländern, darunter mit Australien und der Schweiz, bereit erklärt, bis Mitte April ihr Flugkontingent hochzufahren und kommerzielle Rückflüge aus bestimmten Regionen der Welt durchzuführen (das Motto der Operation: We bring you home). Wir konnten einen Flug von Perth nach Zürich via Doha für den 2. April 2020 buchen! Es hat uns viel gekostet (v.a. auch Nerven) und wir sind auch jetzt enorm angespannt, denn in den nächsten vier Tagen kann alles passieren, Flughäfen können trotz allem geschlossen, Kinder krank und Flüge gecancelled werden. Es ist ein Schwebezustand, in welchem wir immer wieder von Verzweiflung gepackt und dann wieder von Glück überströmt werden, letzteres zum Beispiel dann, wenn wir von einer Mitarbeiterin des Generalkonsuls in Sydney persönlich kontaktiert und auf eine Repatriierungsliste gesetzt werden. Inzwischen geht auch ein EDA-Flug von Australien nach Zürich, allerdings ab Sydney.

 

Es haben sich verschiedene Menschen bei uns gemeldet, welche Verwandte, Freunde oder Bekannte hier haben (krass, wie vernetzt die Welt ist!). Es rührt uns sehr, dass wir nun dadurch tolle Kontakte in Perth herstellen konnten und wissen, dass es auch hier ein Netz von Leuten gibt, welches uns im Notfall auffangen könnte. Dafür möchten wir unseren grössten Dank aussprechen, es ist für uns entscheidend  in den düsteren Momenten, in welchen wir nicht mehr an eine Rückkehr in den nächsten zwei Monaten glauben mögen.

 

Lisa, Tim und Anouk ergeht es unterschiedlich. War es über lange Strecken Anouk, welche Heimweh hatte, möchte sie jetzt in Anbetracht der uns erwartenden Isolierung und der Abstandsregeln gar nicht mehr zurück. Lisa hingegen vermisst ihre Freundinnen sehr stark, es fehlen ihr gleichaltrige Spielkameradinnen. Tim ist seit einiger Zeit sehr wütend. Er hat diese Wut immer wieder mal gehabt während wir unterwegs waren, es scheint uns gerade jetzt auch ein Ventil für Gefühle zu sein, die er nicht äussern kann. Fragt man ihn, möchte er nicht unbedingt nach Hause. Grundsätzlich färbt die Nervosität der Eltern auf die familiäre Gesamtstimmung ab. Gleichzeitig wissen wir, dass die wirtschaftliche und gesundheitliche Not auf der Welt an verschiedenen Orten gerade sehr viel grösser und die Patsche, in der wir sitzen, global gesehen privilegiert ist.

 

Stand heute, 10.00 Uhr: In Perth scheint die Sonne, die Herbsttage sind warm, die wunderschönen Parkanlagen sind offen, die meisten Läden auch. Restaurants, Museen und grosse Freizeitanlagen haben geschlossen. Die Schule bleibt noch eine Woche in Betrieb. Viele Menschen halten sich (noch?) nicht an die Abstandsregel, man spürt wenig Hektik, aber bei einigen grosses Misstrauen gegenüber Ausländern. Nach Aussage der Einheimischen sind die Strassen, Gassen und Parks ungewöhnlich leer.

Stand heute, 21.00 Uhr: Die Massnahmen gehen in enormem Tempo voran. Im Gegensatz zu heute Morgen sind nun Spielplätze im Laufe des Tages geschlossen worden und ab morgen werden Zusammenkünfte von mehr als zwei Personen mit einer Busse von 1000 AUD bestraft. Man wird angehalten, nur noch für Notwendiges vor die Türe zu gehen. Es ist beängstigend, diese hohe Kadenz der Massnahmen - Leute aus der Schweiz kennen das ja bestens, für uns ist es zum ersten Mal richtig konkret.

 

Auf den Bäumen in unserem Quartier sitzen riesige schwarze Kakadus und fressen Samen. Die Stadt ist grosszügig angelegt, Velo- und Spazierwege überall, ein geniales ÖV-Netz, hippe Läden, spannende Spielplätze, Blumen, Seen, das Leben hier könnte grossartig sein.

 

Es ist zu früh und wir sind zu nervös, um auf unsere Auszeit zurück zu blicken und Bilanz zu ziehen oder Fragen anzugehen, z. Bsp.: Was haben die letzten neun Monate in uns allen bewegt, verändert, zum Blühen gebracht, ev. auch verbaut oder verschoben? Wo sind wir weitergekommen, was würden wir anders machen heute?  Wo haben wir Fehlentscheidungen getroffen, wo Glück gehabt, etc.

 

Es ist gibt jetzt einfach nur gerade eine Frage:

Schaffen wir es am Donnerstag auf den Flieger?

 

An dieser Stelle teilen wir einige Fotos unserer letzten zwei Wochen. Es werden in den nächsten zwei Tagen laufend mehr dazu kommen:

Gallery one

Fitzgerald River National Park

Gallery two


News vom 23. März 2020

Die erkrankten Menschen in den Spitälern tun uns so leid, ebenso die hart arbeitenden Pfleger und Ärztinnen.

Die weltweite Situation ist eine Tragödie, in welcher wir nun eine kleine Nebenrolle spielen dürfen, denn unser Flug nach Hause findet vorerst nicht statt. Emirates fliegt ab 25. März vorerst nirgends mehr hin (ausser Cargo). Diese Nachricht hat uns heute erreicht und in Verzweiflung gestürzt. Es gibt praktisch keine Flüge nach draussen mehr, weg von Australien. Die Tickets kosten 8000 Franken pro Person. Banges Suchen nach freien Plätzen. Telefonieren mit dem EDA. Dieses kann uns zurzeit nicht helfen. Ja, selber dafür verantwortlich, klar. Wir bereuen, den ersten Flug nicht genommen zu haben, trotz der mühsamen Umstände, die er gebracht hätte. Reue und Schuld. Kommt jetzt die Sühne?

Unseren Campervan müssen wir in 5 Tagen in Perth abgeben. Danach wissen wir nicht, wie es weiter geht. Die Campingplätze beginnen zu schliessen, ebenso die Restaurants (das kennt man ja bereits bestens in Europa). Die Krankheit hat Australien erfasst, der Lockdown steht kurz bevor. Die Zürcher Familie, mit welcher wir in Laos zwei Wochen Zeit verbrachten, ist in Neuseeland gestrandet und kommt ebenfalls nicht nach Hause. Auch sonst hat es hier noch überall Deutsche und Schweizer auf den Campingplätzen. Europäisches Strandgut.

 

Die Zeit hat plötzlich eine düstere Gestalt angenommen.

Einige liebe Menschen haben uns bereits Kontakte in Westaustralien vermittelt. Vielleicht finden wir bald eine Unterkunft. Airbnb gibt es auch noch. Aber ja; falls du irgendjemanden in der Nähe von Perth kennst, der jetzt grad eine 5-köpfige Familie bei sich aufnehmen kann (oder jemanden kennt, der das könnte), dann nehmen wir diese Hilfe natürlich sehr gerne an.

Den Kindern geht's soweit gut. Sie haben sich auf Zuhause gefreut, können aber trotzdem besser mit der Situation umgehen als wir Erwachsene.

Wir werden sehen, was die nächsten Tage bringen.


Update 19. März 2020

Schon wieder eine Änderung! Der Flugplan unseres gestern gebuchten Fluges wurde massiv verändert (zusätzliche Zwischenstopps) sodass wir uns zu einer erneuten Planänderung entschieden haben. Wir fliegen neu eine Woche später zurück, am Sonntag, 29. März 2020, dafür wie geplant mit nur einem Zwischenstopp. Der Vorteil dabei ist auch, dass wir ab dem 1. April wieder in unsere Wohnung können. Ach.

 

18. März 2020

Die Ereignisse überschlagen sich.

Wir müssen fassungslos zur Kenntnis nehmen, dass die Welt innerhalb weniger Wochen eine andere geworden ist.

Das EDA ruft Reisende dazu auf, so rasch wie möglich in die Schweiz zu kommen. Malaysia hat soeben eine Einreisesperre für Überseeflüge eingeführt, wodurch unser Flug von Perth nach KL, von wo aus wir nach Hause kommen wollten, sistiert wurde. Australien hat bekannt gegeben, sich für sechs Monate abriegeln zu wollen, was die Ausreise in Kürze extrem erschweren wird und auch sonst unternimmt der Kontinent gerade schrittweise die gleichen Massnahmen wie alle europäischen Länder und es scheint hier sehr bald sehr ungemütlich für Reisende werden. Aus diesen Gründen haben wir vor einigen Minuten einen Flug von Perth in die Schweiz gebucht. Dieser geht am Sonntag, 22. März 2020.

Wo wir am 23. März wohnen werden, wie es weiter geht und was das alles bedeutet? Noch keine Ahnung. Wir sind enorm traurig und schockiert. Wir werden in den nächsten Tagen oder Wochen nochmals ein Update geben und Rückschau halten. Vorerst danken wir allen, welche diese Seite besuchen und besuchten - es sind zuletzt über 170 Leute pro Monat gewesen - für das Interesse und den Support. Bis bald!

Wallabys beim Lucky Beach, Cape Le Grand National Park

Esperance, 

West Australia, 

07. März 2020

 

Der Abschied von Lombok und Gili Air (s. Fotos rechts) liegt bereits zehn Tage hinter uns. Ein letztes Mal Bintang unter Kokospalmen. Wir staunten über das satte Grün von Lomboks Vulkankegeln. Diese Insel, deren Charme wahlweise unterstrichen, bzw. ruiniert wird von nicht enden wollenden Muezzin-Gesängen aus jeweils mindestens sieben verschiedenen Minaretten gleichzeitig – Moscheen sind allgegenwärtig. Trotzdem war Lombok authentisch, irgendwie packend, es durchfuhr uns neue Energie, das scharfe frische Essen befeuerte den Elan, obwohl: Wir wurden alle krank. Der Wechsel zwischen Stark- und Nieselregen in Tetebatu  am Fusse des Gunung Rinjanis sorgte bei Anouk und Mäthu für Halsschmerzen, Husten und Atembeschwerden, bei Tim und Lisa zu Erkältungssymptomen, bei Babs zu Darmverstimmungen. War es doch Corona? Die Virus-Hysterie in der Schweiz erreicht uns via Internet. In Indonesien gibt’s ja offenbar immer noch keinen einzigen Fall, wahrscheinlich weil es bereits alle hinter sich haben. Die Sama Sama Guesthouse – Crew hat uns mit ihrer Musikalität und ihrer für Indonesien ungewohnten Rastafari-Sista-Brotha-Gastfreundschaft betört und beeindruckt. Das Weggehen fiel schwer, trotz des Regens.

Gili Air versüsste die letzten Tage mit schneeweissen Stränden und kitschigen Sonnenuntergängen.

Satay mit Sambal bei der Muslima um die Ecke kurz vor Ablug auf Bali.


Abschied, genau.

 

Dass etwas Schönes zu Ende geht, merkt man bekanntlich an der Dramaturgie; das Beste wird aufgespart, der Höhepunkt ist für den Moment vor dem tatsächlichen Ende bestimmt. Wir merken das nahende, ja drohende Ende der Auszeit genau im Bewusstsein um diesen Showdown, den wir hier in Australien erleben: Die Schönheit der Landschaften ist zum Teil schlicht absurd. Wir sind von beinahe allem überwältigt hier; die Menschen sind äusserst liebenswürdig, Vegetation und Fauna sind aufregend, grossartig und neu für uns (schon nur die schwarzweissen lieblich gurrenden Krähen sind erstaunlich). Trotz all der imaginierten Bilder, die wir bisher von Australien hatten, ist die Live-Erfahrung umwerfend. Das Reisen im Wohnwagen ist zudem völlig anders, als mit dem Rucksack unterwegs zu sein. Wir geniessen das Kochen - Olivenöl! Parmesan! Weisswein! -, den Komfort eines eigenen Bades, das Mobilsein.

 

Dabei hat alles nicht so toll angefangen. Nach unserer Landung in Perth stiegen wir im Sturmregen in ein Taxi und fuhren zu unserem Airbnb-Haus. Hungrig, müde und genervt realisierten wir gerade, dass es in dem Quartier keine Restaurants und keine Lebensmittelläden gab, dass unsere Aussie-SIM-Karte noch nicht funktionierte (4 Std. Aktivierungszeit) und wir keinen Zugangscode zum Haus hatten, als wir beim Aussteigen aus dem Auto bemerkten, dass unsere Fotokamera fehlte! Die Taxifahrt hierher hatte uns 100 Australian Dollars gekostet und jetzt sah es so aus, als müssten wir wieder zum Flughafen zurück fahren, um die Kamera zu suchen. Ein Moment, düster wie ein schwarzes Loch.

 

Emil kommt ursprünglich aus dem Sudan. Er hat bereits das eine oder andere Problem im Leben gelöst und ist nicht ganz freiwillig Taxifahrer geworden. Emil hat Mitleid mit dieser Familie bekommen, welche da im Dunkeln vor einem Haus irgendwo in einem Vorort steht und verzweifelt, weil die Kamera weg ist, weil sie kein Essen hat, weil die drei Kinder so furchtbar schreien und streiten und weil sie nicht in ihre Unterkunft reinkommt. Emil leiht mir sein Telefon. Code per Mail bekommen, Haus offen, Gepäck rein. Immerhin.

 

Dann macht uns Emil ein Angebot: Er werde uns an den Flughafen fahren, uns nachher mit der gefundenen Kamera zu einem noch geöffneten Einkaufszentrum bringen und uns schliesslich wieder zum Haus zurück manövrieren. Den Preis könne er noch nicht genau sagen, aber etwas kosten werde es schon, zumal er jetzt bereits zwanzig Minuten mit uns vor dem Haus gewartet habe. Emil ist ein Mann mit grossem Herz und leerem Portemonnaie. Wir stiegen ins Taxi, wir hatten keine Wahl, kannten niemanden, kein ÖV in der Gegend, nichts.

 

Am Flughafen keine Spur von der Kamera. Wer trug sie zuletzt? Wir konnten und können es bis jetzt nicht rekonstruieren und ersparen uns dadurch Schuldzuweisungen (bzw. Babs und ich einigten uns darauf, dass die Kinder die Kamera zuletzt hatten. Wir gehen inzwischen davon aus, dass das Gerät tatsächlich gestohlen wurde). Emil fährt zum Supermarkt. Er kauft mit uns ein, schiebt unseren Einkaufswagen, erzählt von seinen Kindern (beide am Studieren, melden sich nie bei ihm, seine Frau will auch immer nur Geld). Emil weiss, was eine grosse Familie braucht: Aktionspackungen Pizzakäse. Multipackungen Toastbrot. 5 Liter-Kanister Olivenöl.

 

Um 21.00 Uhr waren wir wieder beim Haus. Emil bekam Geld von uns. Nicht ganz so viel, wie die Kamera Wert hatte, aber einen guten Bruchteil davon. Fair enough.

Kochen. Pasta um 21.30 Uhr. Es konnte nur besser werden.

 

Die Übernahme des Campervans (ja, Johannes, Wohnmobil trifft es eher besser) verlief problemlos. Mit etwas zittrigen Händen steuerte ich das sieben Meter lange und 3.4 Meter hohe Gefährt auf die Autobahn. Linksverkehr, danke England.

 

Die Kamera bleibt verschwunden. Polizeirapport. Ein Versicherungsfall. In Perth gibt es alles, auch eine fröhliche Innenstadt mit vielen Shops, auch ein Fotoshop ist dabei. Unsere Kamera gibt’s nicht, dafür ein Nachfolgemodell mit weniger gutem Zoom. Gekauft. Funktioniert ziemlich gut.

 

Auf zum ersten Ziel: Cape Le Grand National Park, wo die Lucky Bay die Liste der schönsten Strände Australiens aufmischt! Zahme Kängurus soll es dort geben, die Kinder sind so richtig motiviert. Unterwegs zwei Übernachtungen, erste Kontaktimprovisation mit Dumping-Stations und autointernem Strom-Gas-Wasser-Sytem. Dann die Fahrt in den Nationalpark. Fantastische Landschaft, Felsen, Pflanzen. Aber: Was sind das für Rauchsäulen am Horizont? Beim Parkeingang ein Tiefschlag: Unsere drei Nächte auf dem Campingplatz des Lucky Beaches sind cancelled, due to serious bushfires. Nein!!!

 

Die anderen Buchten sind nicht betroffen, die Lucky Bay dagegen ist bereits zur Hälfte abgebrannt. Ein Blitz hat das Feuer ausgelöst. Wir fahren zum Le Grand Beach und verbringen den Rest des Tages damit, die Reparatur des plötzlich kaputt gegangenen Türschlosses des Vans via Telefon-Hotline zu organisieren. Übernachtung auf einem sterilen Campingplatz in Esperance.

 

Neuer Tag. Müsli und Toastbrot. Nachdem das Türschloss des Wohnwagens ausgewechselt worden ist, geht die Reise zum The Duke Of Orleans am anderen Ende des Nationalparks. Wir finden: Den schönsten Strand, den wir je gesehen haben: Warthon Beach. Wir sind fassungslos und verbringen zwei Nachmittage im blendend weissen Sand, schwimmen im eisblauen Wasser, dessen Temperatur seiner Farbe gerecht wird. Die Kids füttern Möwen und rennen die Dünen hoch. Es ist, als läge Schnee über der Bucht. Reiner Zauber. Als hätte es uns in eine dieser kindlichen Vorstellungen des Paradieses verschlagen.

 

Zwischen den Zeilen rasch einige Beweise:

Gestern ein letzter Versuch, zur Lucky Bay zu gelangen, es regnet, die Feuer sind gelöscht. Am Parkeingang ein Schild: Lucky Bay Campground open. Sofort buchen wir eine Nacht, es hat noch drei freie Stellplätze! Kaum parkiert, stehen sie da, die Kängurus! Grossartig.

 

Zwischen zwei Gewitterfronten gehen wir spazieren. Die einzigen Menschen am ganzen 4 km langen Beach. Und wieder fühlt es sich traumartig an. So viel Schönheit - ich kann es auf keinem Bild festhalten, probiere es trotzdem.

 

Heute eine Küstenwanderung bei strahlendem Wetter. Anouk ist mittelmässig motiviert, die Aussicht auf Kekse und Strandburgen bauen hält die Moral aufrecht. Von der Thistle Cove geht es zur Hellfire Bay. Ich jogge den Weg nach zwei Stunden allein zurück, um den Campervan zur anderen Küste zu fahren. Das sehr kalte Wasser erfrischt uns. Mir kommen Zweifel, ob das alles real ist.

Es leuchtet das perfekte Türkis.

 

Ich will nicht weg hier, sagt eine Stimme in mir, alles gut, lass los, eine andere.  

 

Wir wollen grad nirgendwo sonst sein.

Die Zeit anhalten, aber wie?

Höhepunkt eben.

 

Morgen geht’s weiter. Wir sind ja erst seit gut einer Woche unterwegs.

Warthon Beach, Cape Le Grand NP (Bild 1)

Warthon Beach, Cape Le Grand NP (Bild 2)



21. Juli 2019

Wir haben jetzt auch ein Gästebuch.

Wir freuen uns sehr, wenn ab und zu jemand ein paar Worte schreibt!


Nov. 2017

 

Der Fokus liegt in der Zukunft.

Alles kommt noch, liegt vor uns.

Wir warten.

Tag um Tag.

 

Wenn das Flugzeug auf die Startbahn rollt.

Mit uns an Bord.

Die Reise beginnt.

Ein Anfang.

Ein Ende des Wartens.

 


Auf Wiedersehen, Birchstrasse!



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